Ralli Beaumonde

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wie ich einen Schatz entdeckte.. — 5. März 2012

wie ich einen Schatz entdeckte..

..als ich während meiner Studienzeit noch Geschäftsführer einer Import- und Marketingfirma war, ergab es sich, dass in Chile ein Präsident Salvador Allende Probleme hatte, damit zusammenhängend emigrierten tausende, junge Chilenen/innen u. a. nach Deutschland. *)
..laßt mich das mal so ausdrücken.

Etwa zur selben Zeit kamen interessierte junge Menschen hier in Kontakt mit sog. „Indio“-Musik aus dem ehem. Inkareich, also im Wesentlichen Peru, Bolivien, Kolumbien und Ecuador..
„Inti Illimani“ war e i n e der Gruppen, es gab wunderschöne andere, auch Einzelinterpreten, „Guillermo De La Roca“ z. B. und ungezählte mehr.

Worauf ich hinaus möchte:
Ich erweiterte das Einzelhandelssortiment um LPs (Langspielplatten, für die jüngeren Blogbesucher) ;). Folkloristische und ethnologische LPs.
Sie waren kein Verkaufshit, brachten aber mir und den wirklich begeisterten Käufer/innen ein unglaubliches Erlebnis..
und schafften Kontakte.

Dabei stieß ich – Google und ähnl. gab es noch nicht, und ich war sehr stolz auf meine „Entdeckung“ – auf einen Frankfurter Plattenimporteur und Großhändler, der nebenbei bemerkt den klangvollen Namen eines Philosophen trug..

Mich empfing ein junger Angestellter und führte mich in die Regalschlünde, die Meter um kubikmeterweise Raritäten, Unikate, Kostbarkeiten aus aller Welt im Überfluß darboten.

Das Plattengeschäft war mir unbekannt, ich fragte nach den EK-Preisen pro LP und Mengenstaffelung?
Der junge Mann winkte ab, es geht nach Meter oder Regalweise..
Der mir sehr sympathische Inhaber, war kürzlich an einer schlimmen Erkrankung verstorben, und die Firma wurde aufgelöst.
Anscheinend war das Firmenschiff dadurch bedingt schon eine geraume Zeit ohne Kapitän vor sich hin geschlingert, denn ich erfuhr, dass AOK und Finanzamt auch durch das Lager gingen..
allerdings – es ist ja verjährt – nicht um Rückstände allein zu sichern, sondern auf der Suche nach Raritäten. 😉

Auf diese Suche begab ich mich nun.. und wurde von Moment zu Moment „schlauer“.
Was gab es da alles für mich Neues: Sog. „Cut-Outs“, das waren Sonderpressungen mit einem oder wenigen, z. T. nie veröffentlichten Songs bekannter Interpreten. Erkennbar daran, dass das Cover „blank“, also in der Regel weiß war, und eine Ecke der Hülle cut out, also ein Dreieck abgeschnitten war.
Elvis!
Cut-Outs..
Tausende wert.. und andere.
Aber ich stand nicht auf Elvis. Ich darf erklären, inzwischen hat sich das geändert.
Also, weg damit.
Dann kamen Schätze..
Aufnahmen, die ersten in der Geschichte der bekannten Menschheit: Grammophon, Merenges, Brazil, Mexico, Irland.. keltisches..
Mundart
.. u. u. u..
Ich packte kartonweise, soviel das Firmenfahrzeug fassen konnte.
Dazwischen Klassik.. Alben in Leder gebunden, vier Stück à 6 LPs mit Buch und Goldrückenprägung in Geschenkschatullen „Storia della Musica Italiana Vol I – IV“.
Unaufzählbar, kulturelle Schätze und Kostbarkeiten.
..neben mir packte ein anderer junger Mann seine Plattenkartons, er besaß in einer Universitätsstadt einen „Oldie-Plattenladen“.. wir sind bis heute befreundet, manchmal fragt er vorsichtig an, ob von meinen Platten nicht evtl. …?

Ich möchte euch nicht langweilen, aber ich greife mal gerade jetzt beim Schreiben in die Regale, symbolisch sozusagen:

„Popeye et la sorcière des mers“, das ist der Matrose aus dem Comic, der Spinat ißt.. eine fabrikneue Pressung von 1966 im Format zwischen Singel und LP.. trägt noch einen vergilbten Preisaufkleber „4,75“ DM? FFrances? Wer weiß? Es stammte wohl aus einer Retoure? Ich würde es nicht für 475 EUR hergeben.
„Chansons d’amour des rois de france“ par Simone Sandry, mit einer „flotten Biene“ der 50er Jahre vor einem amerik. Straßenkreuzer und dem Loireschloss eines Fürsten stehend.. Fabrikneu, Sonderformat..
„Chansons Basques“, Single, geschätzt 1948.. ich habe mal reingehört, es hat mich umgehauen, ja umgehauen..
die nächste LP ist griechisch geschrieben, kann ich hier nicht wiedergeben, aus einer Serie 1938 – 1955, LP originalverpackt..
dann wissenschaftliche Aufnahmen des Smithsonian Institution National Museum of Natural History ..
Barockmusik der Netherlands..
The Inuit (Eskimos) of Greenland and Northern Canada..
u. u. u. hunderte Platten quer durch die Jahrhunderte und rund um den Globus..
natürlich habe ich auch meine Lieblinge.
Und wenn ich mal alleine bin, lege ich sie mir auf, in Gedanken ist die ganze Welt zu mir zu Gast und wir lauschen und tanzen und trinken Wein, u. ich erinnere mich an die schönen Zeiten, in denen ich mit meinen Kindern auf den Arm getanzt habe..

so, Ihr Lieben, bevor Ihr am hellichten Tage einschlaft..
das war es erstmal..
Korrektur lese ich gelegentlich.
Ich sende euch einen Song, der euer Herz berührt..
ciaoRB_signum

*) in memoriam für alle „Maria Carroza“

Ich habe den Eintrag noch einmal geöffnet, denn ich k a n n ihn einfach nicht schließen, ohne zumindest symbolhaft noch ein paar unbedingte musikgeschichtliche Perlen stellvertretend für viele herauszugreifen:

Miriam Avigal, Children Songs, 1948, by HED-ARZI Ltd. Israel..
in kyrillischer Schrift „chants liturgiques russes“ par la chorale des la sainte trinitè des la cathèdrale ortodoxe russe de paris, eine Art „Gregorianische Gesänge“.. für mich..
„gabriel valse“, danses traditionelles pour un bal populaire, mit der schönsten Musik und ergreifenden Fotos.. und schönen Menschen..
und einer meiner Lieblinge, ein „Noname“, eine Platte, die existiert, aber wahrscheinlich nie verkauft wurde:
Ein Ureinwohner Papuas, „Blasius to una Turtavu“, ein Name wie ein König, aber ganz bescheiden, naiv im positiven Sinne. Seine einfachen Songs berühren das Herz: „Guitar Songs of Papua New Guinea“.. er singt „nackt“ – ’ne Hose mag er anhaben – auf einer einfachen Gitarre.. kein Studio.. und hin und weg..