..die „grüne“ Cousine..
ich widme diesen Beitrag z. B. Mascha Kaléko ..und den unzähligen Emigranten nach Nordamerika, vielen „Berliner Pflanzen“, die, wie viele Menschen, z. B. aus Irland und anderen Ländern, um die vorletzte Jahrhundertwende aus wirtschaftlicher Not und anderen Übeln dort versuchten, eine Existenz zu finden.
Das Lied handelt von einer jungen hübschen Frau, die nach Amerika auswandert, und wie es ihr dort ergeht.
Es handelt sich um ein Lied in jiddischer Sprache und wird im Stil der Klezmermusik gespielt.
Anhören kann man es hier:

די גרינע קוזינע
di grine kuzine
Musik: Abe Scwartz, Text: Khayim Prizant

Hier der Text als freie Übersetzung:

Zu mir ist gekommen eine Kusine,
schön wie Gold ist sie gewesen, die „Grüne“ (Unerfahrene.)
Wangen wie rote Pomeranzen, Füßchen, die zum Tanz bitten.

Haar wie fein gewebte Seide,
Zähne wie gedrechselte Perlen.
Augen, himmelblau wie der Frühling,
Lippen wie ein paar Kirschen.

Nicht gegangen ist sie, nur gesprungen.
Nicht geredet hat sie, nur gesungen.
Lebendig und fröhlich ihre Miene, ja, so war meine Kusine.

Und mit den Jahren, aus meiner Kusine ist ein „Ruin“ geworden.
„Pejdes“ *)(von der Hand in den Mund leben) hat sie wochenlang
geklebt, bis von ihr nichts mehr geblieben ist. (nach meiner
Erinnerung heißt es „jahrelang“) 😉

Heute, wenn ich meiner Kusine begegne und ich frage sie:
Wie geht es, Grine?
Seufzt sie und ich lese in ihrem Gesicht:
Brennen soll Kolumbus´ Land!

Aber viel reizvoller und einfühlsamer finde ich das jiddische Textoriginal, und ich denke, da Jiddisch die zweitgrößte germanische Sprache ist, ist es auch verständlich. **) Der Originaltext – in lateinischer Schrift – lautet so, und braucht etwas Einfühlvermögen, aber dann erschließt sich vielleicht eine Tiefe:

Falls es jemand zu verstehen versucht, ein Tipp:
Nicht die Buchstaben übersetzen, sondern den Klang der Wörter..

Tzu mir is gekumen a kuzine
Shein vi gold iz zi geven, di grine.
Bekelach vi roite pomerantzn,
Fiselach vos betn zich tzum tantzn

Herelech vi zaidn-veb gelokte
Tzeindelech, vi perelech getokte
Oigelech vi himl-bloi in friling
Lipelech vi karshelech a tzviling

Nisht gegangen is zi, nor geshprungen,
Nisht geredt hot zi nor gezungen
Lebedik un freilech yede mine
Ot aza geven is main kuzine!

Un azoi ariber zainen yorn
Fun main kuzine is a tel gevorn
Peydes (Hasonim) hot zi vochnlang geklibn
Biz fun ir iz gornisht nit geblibn

Haint az ich bagegn main kuzine
Un ich freg ir: „s’machstu epes, grine?“
Ziftzt zi op, un ch’leien in ir mine:
„Brenen zol Colombus’es medine!“

an alternative verse:
A „boy“ hot ir oyse gefunen
Un hot ba ir di peyde tsugenumen
Af yedn „street“ flegt er zi vatchen
Yeder nakht flegt er zi patchen.

Nun heute mal ein paar Minuten Erinnerung und Wehmut?
Wem es nicht gefällt, möge es mir nachsehen..
ciao
RB_signum

*)Mich erinnert es an das amerik.-englische Wort „paydays“, Zahltage, der Arbeitslosenhilfe oder Sozialfürsorge, Arbeitslosenmarken kleben (?), evtl. hier wird z. T. the „lengvitsch“ gesprochen, wie Mascha Kaléko das gebrochene Amerikanisch der Einwanderer nannte. „Wenn unsereins se lengvitsch spricht, So geht er wie auf Eiern,“..
Besser Bescheid, gelinde gesagt, wissen Petra Goldman, François Lilienfeld und Liza Fishman, denen ein herzlicher Gruß und Danke gilt.

**)Jiddisch wird m. W. immer noch als eine Art fehlerhaftes Deutsch betrachtet. Sehr zu Unrecht.. und voreingenommen. Ich darf vielleicht sagen, dass sich für jiddisch sprechende Menschen deutsch so anhört, wie schlecht gesprochenes Jiddisch. Es handelt sich beim Jiddischen also nicht um eine Art Pidgin-English in deutscher Version. 😉

Last not least ist dieser Beitrag auch den „wandernden“ Menschen gewidmet, die m. E. wieder vor schwierigen Zeiten stehen.

Wem der Beitrag evtl. gefallen hat, mag bei Interesse z. B. auch nach folgenen Musikanten sich auf die Suche begeben: Geduldig und Thimann – um nur ein Beispiel zu nennen, mit Ihrer LP „A Schtetel is Amerike“.. ein Städtchen ist Amerika.. 😉

Und noch mehr über Musik ist in meinem Beitrag
http://beaumonde.blog.de/2012/03/05/schatz-entdeckte-13048445/
zu finden..
Viel Spass!

P. S. Ich habe den Beitrag noch einmal geöffnet: Was ich noch Interessierten unbedingt empfehle, ist Jacob Sandler, von dem eine Schallplatte von 1948 in meinen Besitz gelangte (1948, by HED-ARZI Ltd. Israel)

P. P. S. Ich mußte den Eintrag noch einmal öffnen. 😉
Ich kann einfach nicht solche Interpreten wie z. B. die Barry Sisters (..bei mir bist du schön [für eine Mark und zehn]) ***)

und My Yiddishe Momme z. B. gesungen von Regine Zylberberg, Paris 1940 – 1944 unerwähnt lassen. http://www.youtube.com/watch?v=msXoInq243c&list=PLD93C2DDC76A27847

***) und hier die Version von Max Raabe:
http://www.youtube.com/watch?v=JAD_xixyLLw