angeregt durch einen amüsanten Blogeintrag einer Blogfreundin, die eine Äußerung Christian Morgensterns zitiert, fiel mir dazu – aus dem echten Leben eine Begebenheit ein, die mir klarmachte, dass Vorsätze oder Prinzipien – auf die Probe gestellt – doch manchmal auf sehr wackeligen Beinen stehen.. 😉

Also der besagte Dichter Morgenstern soll einmal seiner Geliebten ein paar sehr schöne Blumen nicht geschenkt haben, mit der Begründung, „Ich habe heute ein paar Blumen nicht gepflückt, um dir ihr Leben zu schenken“.
http://msmomw.blog.de/2013/03/13/gelte-voellig-unromantisch-heute-paar-blumen-gepflueckt-leben-schenken-15622001/

Es ergab sich, dass mein Bruder mit seiner Frau und ihren damals noch drei Töchtern einen Sommerurlaub in St. Malo vorgesehen hatten, und da ein Teil der Familie aus Frankreich kommt, und ich die interessantesten Schilderungen über St. Malo und die Bretagne „aufgetischt“ bekam, „mußte“ ich dieses Abenteuer erleben.
Ich war damals glücklich verheiratet und so fuhren meine Frau, die ich sehr mochte, mit unseren beiden kleinen Söhnen gut ausgestattet, besonders mit einer dicken Brieftasche, in unserer neuen Achtzylinderkarosse dorthin.. es waren Zeiten des Überflusses, und wir waren auf der Sonnenseite des Lebens, was nicht selbstverständlich ist und später durch ernste und weniger angenehme Zeiten abgelöst wurde.

Ich überspringe mal die vielfältigen und kulturellen Eindrücke, die kulinarischen Köstlichkeiten der Region, die Erlebnisse im eindrucksvollen Yachthafen, das nächtliche Flanieren, die Läden und Menschen, da ich darüber schon mal etwas geschrieben habe:
http://beaumonde.blog.de/2009/09/09/ausgefallen-herzen-6933757/

Bevor ich weitererzähle, möchte ich jedem St. Malo und die Bretagne empfehlen. Es lohnt sich. *)

Nun, durch familiäre Beziehungen bekamen wir alle ein familiär geführtes kleines Hotel direkt am Meer, in dem wir uns wohlfühlten.
Die Toiletten waren zwar auf dem Flur, und es war ein altes Haus, aber es ging zu, wie in einer großen Familie.

So, eines Nachts, als alle schon müde von den Unternehmungen des Tages waren und in ihren diversen Hotelzimmern sich zum Schlafen vorbereiteten, zog es mich auf die steilen wehrhaften Wälle, die das alte St. Malo zum Meer hin abschirmen, und ich machte in der milden Sommernacht einen einsamen Bummel durch die Wehrgänge und alten Kanonen mit Blick auf die dort für ihre Wildheit berüchtigte See.

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Ich erinnere mich an gemauerte geräumige Steinnischen und in einer von diesen begenete mir eine junge hübsche Frau, die auch alleine durch die Nacht bummelte.
Wir kamen ins Gespräch, ich weiß nicht, welche Sprache wir sprachen, denn mein Französisch ist ein schlechtes Schulfranzösisch, Englisch, Deutsch?
Ich kann es nicht mehr sagen, jedenfalls unterhielten wir uns fließend – so kam es mir vor – und „erquicklich“.. hier spricht jetzt Christian Morgenstern. 😉
Die Zeit verging, und ich erinnere mich, wir saßen geborgen in den Steinwällen und erzählten.
Sie war Französin aus Rennes und machte dort alleine Ferien, Krankenschwester, die nebenbei studierte? So etwas in dieser Art.

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In meiner Erinnerung ist schwach der Gedanke, dass wir ziemlich sicher ein Glas Wein tranken, aber ich wüßte heute nicht mehr zu sagen, wo der hergekommen sein sollte? 😉
Aber geträumt habe ich es nicht.
Das Mädchen, wenn ich die junge Frau so nennen darf, mochte mich..
fast möchte ich sagen.. sehr.
Es war offensichtlich.. und ich fühlte mich geschmeichelt.
Sie war ausgesprochen schön, zierlich und hatte eine sehr angenehme Stimme und Sprachmelodie.
Ich fand sie sehr.. sehr sympathisch.
Nun, sie sprach davon, die nächsten Tage am Strand zu sein und wir beendeten unser zufälliges Zusammentreffen mit einem Bummel Richtung Hotel, wo wir uns unverbindlich gute Nacht wünschten.

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Ich hatte ein schlechtes Gewissen, allein, weil mich ihre nette Art sehr angesprochen hatte.
Ich war mit meiner Frau damals sehr glücklich, und es gab keine Idee oder „Notwendigkeit“, darüber nachzudenken.

Jedenfalls am nächsten Morgen saß die große Familie an einer langen Tafel mit Blick zum Meer, die Sonne schien, und wir frühstückten königlich. Es gab alles, was das Herz begehrt, und vieles neues.
Außerdem neben dem berühmt berüchtigten französischen Kaffee auch feinen englischen Tee und heißen Kakao, Gebäck, diverse Brotsorten, den ausgefallensten Käse – wert für einen eigenen Blogeintrag – Wurst – ? – hinreichend regionale Spezialitäten.. und aufgeregte Ferienstimmung, was wir an dem Tag unternehmen würden?
Ein Blick auf die sonnenüberflutete Straße vor dem Hotel bemerkte die junge Frau mit Strandsachen auf ihrem Weg zum Strand.
Puh.. was hatte ich bloß angestellt?
Nichts!

Meine Kinder wollten an den Strand. Und so zogen wir guter Dinge los.
Wie wir so durch den warmen weißen Sand gingen, sah man schon frühe Sonnenhungrige und Badegäste.. und eine sehr schöne junge Frau – jene besagte – die erwartungsvoll, sehr mutig „oben ohne“ auf ihrem Strandlaken lag und ihre zweifelsfrei wunderschönen Brüste der Sonne präsentierte.. mit einem verschmitzten Lächeln um den Lippen.
Ich mußte an „unsere“ Begegnung in der Nacht denken und hielt es für richtig – was ist „richtig“? – einen Schwenk an einen anderen Platz am Strand zu machen.

Sie hatte mir ihre Adresse auf einen Zettel geschrieben, und ich kam mir vor, wie ein Schuft. 😉

Jedenfalls, der wunderbare Urlaub ging leider dann auch mal zu Ende, und ich vermied es, dieser Hübschen zu begegnen.

Die Arbeit zu Hause in meinem Beruf fing wieder an, und ich hatte einen geschäftlichen Bekannten, Typ „Tauchsieder“ – er hängt sich in alles rein – dessen Freundin hatte einen Blumenladen. Und jetzt komme ich zu den Blumen Christian Morgensterns.

Jedenfalls, mein schlechtes Gewissen – für was eigentlich – veranlasste mich, über Fleurop ein extravagantes Blumengebinde nach Frankreich zu senden.. mit Grußkarte, denn die junge Frau hatte Geburtstag, zu dem ich ihr gratulierte und mich für das nette Gespräch bedankte.
Das Gebinde war dermaßen ausgefallen, riesig und bildschön, dass es für die Callas eines Onassis würdig gewesen wäre. Aber..
nicht genug damit, ein identischer Strauß ging an meine Frau.. einfach so, weil ich sie mochte.
Ich glaube, sie ist aus allen Wolken gefallen.
Wie sie mir sehr viel später schmunzelnd, aber doch leicht gekränkt, erzählte, dachte sie sich damals, Auslöser sei ein sehr schlechtes Gewissen für was-weiß-ich gewesen?
Und ganz verkehrt lag sie nun ja nicht.
Jedenfalls hätte die Blumenshopbekannte für diesen Tag ihren Laden dicht machen können, denn den Tagesumsatz hatte sie verdient. 😉
So, dann erfuhr ich später – viel später durch meine Frau – dass diese Blumenshopdame ihrem Freund von meinem Auftrag erzählt hatte, Adresse in Frankreich Mademoiselle soundso, und dieser klemmte – „klemmte“ ist der treffende Ausdruck, denn er ist ein verklemmter Typ – sich ans Telefon und rief meine Frau an, und erzählte ihr unter dem Versprechen der strikten Vertraulichkeit von meinem ach so schuftigen Verhalten.

Tauchsieder.. 😦

Zu allem Überfluß kam dann per Post ein ganz lieber Brief aus Rennes in einer der folgenden Morgenpost, in dem sich die hübsche junge Frau bedankte. Sie war in ihren Gefühlen völlig überfordert mit dem unglaublichen Blumenarrangement, was ich mir hätte denken sollen, aber soweit hatte ich nicht gedacht.

Hätte ich Christian Morgensterns Einstellung zu Blumen damals schon gekannt, wäre mir dieses Mißverständnis erspart geblieben.
Lilith, Dein Blogeintrag kommt für mich – leider – Jahre zu spät.
So, ich hoffe, ihr habt euch alle köstlich über mich amüsiert? ;
In diesem Sinne, „lass Blumen sprechen“.. :))
ciao
RB_signum

P. S. wie gehabt, Korrekturlesen bei Zeiten..

*) „..ich möchte und kann St. Malo jedem empfehlen, sowohl die Stadt, als auch die Umgebung bieten kulturelle und landschaftliche Kostbarkeiten.. von der Küche ganz zu schweigen.. außerdem ist es etwas für Crepes-Bretonnes-Liebhaber in allen Variationen. Die deutsche „Besatzungszeit“ ist dort umfangreich dokumentiert, nachts findet man Flaniermöglichkeiten mit Ständen und Unterhaltung „intra muros“ und im Tour Solidor befindet sich das Musée international du long-cours cap-hornier mit interessanten Exponaten. Im Sommer bummelt man gerne im Menschenstrom der Rue Saint Vincent mit, es gibt sehr viel zu entdecken und zu stöbern.

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(Eines von vielen Andenken aus St. Malo)

Im le port de plaisance sind herrliche Segler aus der ganzen Welt zu treffen und nicht weit entfernt trifft man auch Großsegler. Wenn es die Zeit erlaubt, empfehle ich eine kleine Dampferfahrt auf die Ile de Cezembre, aber die Geschichten darum, sollte jeder selbst herausfinden. Dort gibt es übrigens ein Restaurant, das nicht ohne Grund „Le repaire des Corsaires“ heißt, womit wir mal wieder bei den Piraten sind. Vorsicht am Strand und auf den „Abwegen“ es sind noch immer Blindgänger zu finden.
Berühmt berüchtigt ist St. Malo natürlich auch wegen seiner Piraten, denen bis heute ein gutes(?) Andenken bewahrt wird.

Ein nächtlicher Spaziergang auf den hohen Wällen zur Seeseite erinnert an die enormen abgerichteten Doggen, die einst die Stadt bewachten und auch zu Pannen führten, wie berichtet wird, fiel ein unachtsamer spät heimkehrender Edelmann diesen zum Opfer, als er den gesperrten Bezirk betreten haben soll. Die Doggen – nahm ich an – sind als Wahrzeichen im Wappen und der Flagge von St. Malo erhalten geblieben, einer davon in schönen Farben und herrlicher Größe konnte ich nicht widerstehen. Flaggen und Marine gehören eben meiner Meinung nach irgendwie zusammen. Tatsächlich ist es aber das bretonische Hermelin im Wappen.

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Le Mont Saint Michel ist unbedingt erwähnenswert, beeindruckend sind die Chateux de Bretagne z. B. Vitré, Josselin, Kerjean, Fougères, Trécesson und auch ein Besuch in Dinard. Aber das soll kein Reiseführer werden, sondern ein Erinnern an einen schönen Urlaub.. In der Umgebung hatte ich verlassene Klöster, aber auch wunderbare Versteigerungen ausgefallender Antiquitäten besucht und in mehr als einer Scheune ruhten seit mehr als 60 Jahren vergessene Oldtimer, teils als Hühnerstall verwandelt.